Ich wünsche mir: Respektiert meine Zeit, ich respektiere die Eure ja auch. Respekt ist für mich ein Kulturgut. Und da bin ich nicht alleine, glücklicherweise. Das war in 2014 so, als ich diesen Blogartikel als einen meiner ersten veröffentlichte und das ist auch jetzt, 2018, noch so. Deswegen habe ich mit diesem Beitrag auch an der Blogparade #Myfirstcontent von Stefan Schütz teilgenommen.

„Sollen wir es wirklich zulassen“, fragte mich letztlich eine Klientin, dass wir in der modernen Nachrichten-Flut ertrinken und uns durch eine ständige Erreichbarkeit zu Marionetten unserer Umwelt machen?“
Nein sagt sie, und da kann ich nur zustimmen. Obwohl ich als 1968 Geborene sicher nicht zur Generation Y gehöre, kann ich die „Effizienz-Idioten“, wie Annette Meyhöfer sie in ihrem Spiegel-Online-Beitrag „Entschleunigung: Der Trend zu weniger Tempo“ beschreibt, nur schwer tolerieren. Ich (und das ist natürlich mein individuelles Empfinden) finde es unhöflich, wie sie durch ihr ständiges „zu wenig Zeit“ letztlich meine Zeit bestimmen wollen. Kollegen, die schon am Flughafen die Ergebnisse des letzten Meetings in den Laptop tippen und es als persönliche Beleidigung empfinden, auf jemanden oder etwas warten zu müssen. Sie erinnern mich immer an das weiße Kaninchen aus „Alice im Wunderland“, das 90 Minuten lang über die Leinwand hetzt und von seiner Umwelt gar nichts mitbekommt.

Genauso erscheinen mir meine Kommunikationspartnerinnen, wenn sie Anreden, Buchstaben und Inhalte im Emailverkehr weglassen, um zu zeigen, dass sie ihre Zeit besser nutzen könnten, denn „Schaut mal, ich bin wichtig, ich habe keine Zeit!“. Das sind übrigens genau die, die extra viel meiner Zeit „konsumieren“, weil sie Emails nur quer lesen (Übrigens auch ein Renner im „Wichtig-Quartett“ – wer kann am schnellsten Querlesen? Dazu gibt es sogar eine App J (http://www.spritzinc.com/)) und Informationen nicht aufnehmen oder weitergeben. Diese „Zeitfresser“ sind dieselben, die zu Meetings grundsätzlich zu spät und unvorbereitet kommen und fünf, sechs oder mehr Kollegen auf sich warten lassen. Dem Anliegen meines Kollegen oder Mitarbeiters die entsprechende zeitliche Wertschätzung und Würdigung entgegenzubringen, ist Grundlage für den respektvollen Umgang miteinander.

Respekt ist für mich ein Kulturgut.

Und da bin ich nicht alleine. Die Befragten der Glücks-Studie setzen den respektvollen Umgang miteinander mit 93,2 % an die Spitze der 10 wichtigsten Faktoren, die Glück am Arbeitsplatz beeinflussen. Die Generation Y findet das wichtig, fühlt sich in einer Welt wohl, die nicht durch eine Ellbogengesellschaft, sondern durch Empathie geprägt ist. Zu Recht, schreibt auch Annette Meyhöfer, denn Stress ist unprofessionell, uncool. Vorbei sind die Zeiten, da man mit Stress prahlen konnte, sich gegenseitig unter den Tisch stresste. Heute fährt der Manager um 19 Uhr nach Hause, um seinen Kindern aus dem neuesten „Harry Potter“ vorzulesen. Entschleunigung hält Einzug in Privat- und Arbeitsleben und führt dazu, dass wir Zeit ganz anders wertschätzen.

Für Arbeitgeber und vor allem für die Personalabteilung ist es wichtig, diese Verschiebung der Prioritäten zu kennen. Zum einen, da ein entsprechendes kulturelles Fundament den Unternehmen im Employer Branding und damit im war for Talents hilft. (BASF z. B. hat kürzlich eine verbindliche E-Mail-Etikette formuliert )

Zum anderen wird der neue, qualitative Umgang mit sich, seiner Zeit und der Zeit der Kollegen auch Prozesse von HR bestimmen. Ein Beispiel wäre hier die Unterstützung eines aktiven Zeitmanagements durch Ampelkonten, aber auch die Themenbereiche Kompetenz- und Bildungsmanagement spielen eine Rolle, wenn es darum geht, Entschleunigung und Respekt in die betrieblichen Prozesse zu integrieren.

Entschleunigung und Respekt gehören zusammen. Und damit sind wir bei der Überschrift. „Wie lange dauert eigentlich eine Wolke?“ – die Frage stellte kürzlich ein Referent zum Mythos „Zeitsparen“. Was er damit sagen wollte? Es ist der Moment, der zählt. Wenn wir also den Moment (unseren, genauso wie den der Anderen) wertschätzen, können wir gar nichts mehr falsch machen! Ganz ohne Zeitmanagement-Literatur oder Motivations-Seminare. Denken Sie mal einen Moment drüber nach.

Dieser Beitrag erschien 2014 im Blog der VEDA GmbH.

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