Adjektive sind das Salz in der Suppe. Und vom Kochen wissen wir: zu viel Salz – die Suppe schmeckt nicht. Nur eine Messerspitze – das ist gut. Adjektive sind einfach zu benutzen, um eine Situation zu beschreiben – sie erklären und verdeutlichen. Wenn wir uns an den Ratschlag „Show, don´t tell“ halten, dann sind Adjektive oft das „tell.“

Wenn wir stattdessen zeigen möchten, wird es interessant. Nehmen wir einen Beispielsatz: Es war ein kalter Winter.

Joseph von Eichendorff beschreibt in seiner Autobiografie den Winter 1787/88: So streng war der Winter, dass die Schindelnägel auf den Dächern krachten, die Vögel im Schlaf von den Bäumen fielen und Rehe, Hasen und Wölfe bis in die Dörfer flüchteten.

Warum sollten wir lieber zeigen statt beschreiben?
Es gibt viele kluge Antworten darauf, jeder Schreibratgeber hat eine. Meine lautet: Weil etwas, das Leser:innen selbst entdecken dürfen, viel stärker wirkt, als wenn man es vorgibt. (Irgendwie kommt da jetzt das Bild der heißen Herdplatte – ein Klassiker der Kindererziehung. 😊)

Einschub

  • Adjektive sind Zusatz-Worte, die meist beschreiben, „wie“ etwas ist – schön, hell, gelb. Wir kennen sie auch als Wie-Wörter oder Eigenschaftswörter. Adjektive (to adject – hinzufügen) ergänzen meist ein Hauptwort, ein Substantiv.
  • Adverbien wiederum begleiten das Verb, das Tu-Wort, und erklären, wie etwas getan wird.
  • Und dann gibt es noch die Adverbial-Konstruktion, den Adverbialsatz – hier kommt nicht nur ein Wort, sondern direkt ein Satz daher, um etwas zu beschreiben. (Siehe dazu auch FreitagsFreundin 13 – Sprache)

Alle drei Ergänzungen gehören zum „tell“ – zum Beschreiben einer Situation und sind ganz oft überflüssig, stören den Lesefluss und vor allem stören sie die Fantasie unserer Leser:innen.

„Wenn Sie ein Adjektiv sehen, töten Sie es. Vielleicht nicht in jedem Fall. Aber töten Sie die meisten – dann ist der Rest wertvoll. Adjektive schwächen Ihren Text, wenn sie zu dicht stehen. Sie geben Kraft, wenn sie viel Raum zwischen sich haben.“
(wird Marc Twain zugeschrieben)

Noch ein Beispiel: Jörg besaß einen schnittigen Flitzer.
Oder aber: Im Porsche donnerte Jörg die Straßen hinab, dass die Fensterscheiben klirrten und Oma Evelyn vor die Haustür trat, um nachzusehen, wer so viel Radau macht.

Wir schließen daraus zweierlei:

  1. Adjektive machen den Text kurz – daher sind sie nützlich und können notwendig sein.
  2. Adjektive sind nicht allgemeinverständlich – was ist ein „großes“ Haus, ein bequemes Sofa, ein helles Licht … Es ist wichtig, das zu verstehen, denn es kann sehr leicht passieren, dass „unsere“ Adjektive den Leser auf eine falsche Fährte führen. Weil sie etwas ganz anderes unter „groß“ oder „hell“ versteht.

Hier noch ein paar Beispiele für adjektivierte Texte:

Die strahlende Sonne stand am blauen Himmel und schien ihm ins Gesicht. Da setzte er die dunkle Brille auf, um das grelle Licht abzuhalten. Jetzt erkannte er das hübsche Mädchen.
Der hohe Berg erschien vor einem langen Weg. Das einsame Dorf musste sie noch durchqueren, dann fing der anstrengende Aufstieg an.
Das imposante Weingut lag in einem großen Hof. Viele teure Autos standen dort geparkt als Johannes sein altes Fahrrad an einem grünen Gartenzaun anschloss.

Mal ehrlich – Musstest du ein bisschen gähnen, als du die letzten Sätze gelesen hast?
Der Ratschlag zur Vermeidung von Adjektiven könnte also lauten: Nutze aussagekräftige Haupt- und Tuworte (Substantive und Verben), die das beschreibende Adjektiv entbehrlich machen und die Sache erst noch besser treffen. Und schreibe anschaulich; zeige uns Details, die in unserer Vorstellung zu Bildern werden. Das ist viel interessanter.

Und jetzt kommt das große ABER – so wie es immer ein ABER gibt, ein Sowohl-als-auch. Denn: Adjektive können zaubern. Adjektive können uns zum Schmunzeln bringen und ganz neue, andere oder besondere Bilder in uns entstehen lassen. Beispiel:
Seit 30 Stunden war sie im Einsatz. Die Ärztin zeigte ihr sturmerprobtes Lächeln.

Und manchmal benötigen wir sie auch einfach, weil der Text sonst nicht verständlich ist. Daher gilt für mich: Vergleiche, Wertungen und originelle Verbindungen – das sind einige Fälle, in denen Adjektive unsere Texte zum Strahlen bringen. Das ist die Messerspitze, die unbedingt nötig ist. Und danach ist Schluss mit dem Salz.