Die folgenden Aussagen kennst Du bestimmt. Ich zumindest habe sowas früher oft gesagt.

„Ich schreibe, irgendwie.“

„Ich möchte eigentlich mehr schreiben.“

„Ich habe da schon lange was in der Schublade.“

Solche Erklärungen höre ich meistens, wenn sich Schreibcoachees bei mir melden. Nur eines höre ich nie: „Ich bin Autorin.“ oder „Ich bin Autor.“

Warum nicht – was macht Schreibende zu Autor:innen? Wann habe ich mir diese Meriten verdient? Ist es die Erfahrung? Die Veröffentlichung? Bin ich ab dem dreienhalbten Buch dann endlich am Ziel, darf mich Autor nennen? Aber wie wird die Schreibende zur Autorin, wenn sie das Selbstverständnis nicht hat? Du siehst – die Katze beißt sich in den Schwanz und kaut lange und gründlich. Wie kommen wir da raus?

Ich empfehle meinen Mandant:innen: Sei ab jetzt Autor. Fühle dich ab sofort als Autorin. Du hast ein Herzensprojekt – richte deine Energie darauf. Eigentlich ist es ganz einfach – hole dein Projekt aus der verschämten Schubladenecke deines Verstandes und gib ihm Raum – mental und auch ganz real. Hier ein paar Beispiele:

  • Du schaffst dir ein schönes Notizbuch an, in dem du alles aufschreibst, was dir zu deinem Buch begegnet – Impulse, Ideen, Fragen, interessante Personen, mit denen du sprechen möchtest – Bücher, Artikel, Webseiten.
  • Sprich mit Menschen über dein Buch. Das ist – ich weiß das nur zu gut – eine wirklich schwere Aufgabe speziell für introvertierte Menschen. Trau dich IMMER wenn es möglich ist, das Gespräch auf dein Herzensthema zu richten und erzähle den Menschen, dass du ein Buch schreibst. Gräme dich nicht, wenn du Desinteresse wahrnimmst, Zuhören fällt ganz vielen Menschen sehr schwer.
  • Eine Wand in deinem Büro / deiner Küche oder deinem WC (warum nicht?) wird zur Ideenwand. Jedes Mal, wenn dir ein Stichwort einfällt; ein Thema, zu dem du weiter recherchieren möchtest; eine Formulierungsidee, ein schönes Zitat oder eine Geschichte, die in dein Buch gehört, bekommt dieser Schnipsel auf der Wand einen Platz, zum Beispiel mit einer Moderationskarte und Malerkrepp oder – ganz professionell – auf einer mit Magnetfarbe bestrichenen Wand.
  • Nutze die Sprachmemo-Funktion deines Handys – dir kommt ein Impuls? Sprich ihn sofort auf. (Frage deinen Partner, deine Partnerin, ob du das auch Nachts tun darfst. 😊 Besser allerdings für das Autor:innengemüt ist ein gesunder Nachtschlaf.)
  • Was mich zum nächsten Punkt führt: Gönne deinem Geist Ruhepausen. Wenn du – wie ich – dazu neigst, Gedankenkarusell zu fahren, dann beschäftige dich ganz bewusst mal ein paar Tage oder Stunden nicht mit dem Buch. Überlege dir vielleicht auch eine Schlafhygiene: Nach 21 Uhr wird nicht mehr über das Buch nachgedacht. So bleibt das Thema mit Leichtigkeit und Freude behaftet.
  • Du könntest aufhören mit Gedanken wie „Ich müsste einen Schreibkurs“ belegen, „Ich sollte mal anfangen mir Notizen“ zu machen. Überlege gezielt, was in deinem Alltag möglich ist und dann tu es – melde dich jetzt für einen Workshop an. Wenn Du feststellst, dass nur kleine Lücken im vollen Tag da sind – nutze sie. Viele Bücher sind entstanden, weil die Autorin einfach begonnen hat, jeden Tag nur eine halbe Stunde zu schreiben.

All diese Tipps haben ein gemeinsames Ziel: Sie möchten dein Licht unterm Scheffel herausholen, wo es seit Jahrzehnten verstaubt. Im Tun – egal was du tust – gewinnst du automatisch Erfahrung, Erkenntnis, Selbstbewusstsein und Selbstwert als Autorin oder als Autor. Nur im Nichtstun und über das Tun Nachdenken passiert das gleiche wie immer … nichts.

Ich gebe zu: in der Gruppe fällt es leichter – das bestätigen mir die Teilnehmenden meiner Workshops immer wieder. Hier lernen wir, öffentlich zu werden, wertschätzendes Feedback zu geben und anzunehmen. Wir unterstützen uns gegenseitig dabei, unsere Geschichten zu erzählen. Wir erarbeiten und gewinnen, natürlich, ganz viel Wissen und Wachstum. Essenziell geht es um Vertrauen und Rückhalt: Da sind Menschen, die nehmen Anteil an meinem Tun, die finden mein Schreiben wichtig. Und es geht um Routine und Disziplin: Die Teilnehmer:innen werden fragen: Was hast du denn diese Woche geschrieben, zeig doch mal? (Ja, genau: Au weia!)

Willst Du Glühwürmchen sein oder Stern?

Ich kenne das selbst nur zu gut – nach einem Tag am Schreibtisch noch weiter am eigenen Buch schreiben, die eigene Geschichte ausarbeiten? Immer ist etwas wichtiger und überhaupt: Wer soll das schon lesen? Weißt du was – es ist egal, wer es liest. Es ist wichtig, dass du es schreibst.

Unsere tiefste Angst ist nicht, dass wir unzulänglich sind, unsere tiefste Angst ist, dass wir unermesslich machtvoll sind. Es ist unser Licht, das wir fürchten, nicht unsere Dunkelheit.

(Marianne Williamson, zitiert in der Antrittsrede von Nelson Mandela)