Noch zwei Wochen, dann sind Sommerferien. Fährst du weg, bleibst du hier? Egal – so oder so sind Ferien immer ein Raum, in dem man oder frau Neues ausprobieren kann. Ferientage hebeln den Alltag aus und entfalten sich vor uns, frei und endlos. Sie sind eine Einladung und wollen mit neuen Entdeckungen, mit frischen Impulsen gefüllt werden. (Oder einfach rumliegen, das geht auch ????) Auf jeden Fall ist der Urlaub eine ideale Zeit, um kleine Schreibimpulse in den Tag einzubauen. Zumindest eine Entschuldigung – „Ich hab überhaupt keine Zeit“ – fällt weg. Die nächste Entschuldigung – Ich kann nicht schreiben“ – muss ich dir jetzt leider auch wegnehmen: Für diese Art des forschenden Schreibens, zu der ich dich hier einlade, musst du nicht schreiben können – gar nicht, überhaupt nicht. Es geht nicht um Grammatik, nicht um Satzbau, nicht um Rechtschreibung und es geht vor allem nicht darum, was potenzielle Leser:innen davon halten könnten. Du schreibst nur für dich und es ist dein Raum, deine Zeit, die du dir nimmst, um sich mit dir und der Welt zu beschäftigen, deine Methode, dich und diese Welt besser zu verstehen. Es ist ein ganz kleines, tägliches Ritual von 5, 10 oder 20 Minuten. Fang einfach an, überleg nicht lange. Schreib das erste Wort und dann lass laufen. Schau dir dazu auch gerne meine Impulse zum inutitiven Schreiben und zum Schreiben mit der Hand an – dort erfährst du etwas mehr über die Methode.

Impuls 1 – Täglich grüßt das Murmeltier

Wenn wir abends ins Bett gehen, sind wir immer eine andere oder ein anderer als morgens: Jeden Tag bekommen wir Impulse, erwerben Wissen, setzen uns in Begegnungen und Beziehungen mit den Gedanken- und Gefühlswelten anderer Menschen auseinander. Das führt logischerweise dazu, dass sich unsere Gedanken und Gefühle jeden Tag ein kleines bisschen verändern. Außerdem haben wir Launen, Stimmungen, Hochs und Tiefs, sind einen Tag mehr geprägt vom inneren Kind oder vom energischen Erwachsenen – wie auch immer. Jeden Tag sind wir ein bisschen anders und es ist spannend, das bewusst zu erleben.

Übung: Schreib jeden Tag zur ungefähr gleichen Zeit über das gleiche Thema. Was, ist völlig egal. Zum Beispiel: Wo will ich in 10 Jahren sein? Wo will ich im Winterurlaub sein? Was macht Beziehung für mich erfüllt? Welche Blume ist schön? Welches Wetter mag ich am liebsten? Groß oder klein, wichtig oder unwichtig – egal, schreib 2, 5 oder 10 Minuten über das Thema und schau dir nach einer gewissen Zeit – zum Beispiel nach dem Urlaub – mal an, was passiert.

Impuls 2 – Perspektivwechsel I

Wir sehen unsere Welt immer mit unseren Augen und „hinter“ diesen Augen ist immer unsere Wahrheit, unsere Erfahrungen, Weltsicht, Glaubenssätze, Ängste und Erwartungen. Was passiert, wenn wir es schaffen, die Perspektive zu wechseln?

Übung:

  • Wie sieht dein Zimmer aus, wenn du dich auf den Boden legst? Schreib darüber.
  • Wie hört sich Musik an, wenn du dir die Ohren zuhältst?
  • Wie schmeckt Kaffee, wenn du ihn kalt trinkst?
  • Wie fühlt sich eine Straße an, wenn du sie barfuß gehst?

Impuls 3 – Ideenklau

Die Zeitung oder Nachrichtenseiten im Internet sind voll von kleinen skurrilen Kurzmeldungen – „Vermisster PKW nach 2 Jahren wiedergefunden“, „Rollstuhlfahrerin fährt auf die Bundesstraße“, „Zugreisender fährt bei Tempo 160 auf dem Trittbrett“ … Hier findest Du jeden Tag eine Fülle von Ideengebern für wunderbare Kurzgeschichten, wenn du aufmerksam die Zeitung liest oder mal per Suchmaschine stöberst. Beschreibe die Person, die es erlebt und ihr Erleben. Was führte zu dem Geschehen, was passiert danach – erzähle deine Geschichte, die sich für dich entspinnt, wenn du diese Kurzmeldung liest.

Impuls 4 – Briefe ans Ich

Manchmal sind wir so gefangen in unserem Jetzt, das uns ein Impuls von außen gut helfen würde – vielleicht, um ein Problem zu lösen, vielleicht aber auch nur, um ein Problem überhaupt zu erkennen. Oder vielleicht auch, um zu erkennen, dass da gar kein Problem ist. Da ist gerade niemand, der oder die dir so einen Impuls von außen geben kann? Dann mach es selbst.

Übung: Schreib dir Briefe, an all deine unzähligen, verschiedenen Ichs – mit 15, mit 45, mit 85 Jahren. Schreib einen Brief an dich als Jugendliche und erzähl, was dir jetzt wichtig ist. Schreib einen Brief aus der Zukunft an dein jetziges Ich – du hast viel mehr Erfahrung, was rätst du deinem Ich? Schreib deinem verliebten Ich, schreib einem Ich, das gerade den Job verloren hat, schreib einem Ich, dass in 10 Jahren alles erreicht hat, was du dir gerade erträumst…

Impuls 5 – Perspektivwechsel II

Glücklich, wer gute Freunde oder eine liebevolle Familie hat, die die oben schon erwähnten Impulse von außen geben können. Aber auch hier hilft die Strategie aus Impuls 4 – mach es selbst, ändere die Sichtweise und …

Übung: … schreib über dein Problem oder deine Entscheidung oder deine Frage aus Sicht einer Freundin, einer Kollegin, deiner Mutter oder Opa. Was würden sie dir raten, was würden sie machen, wenn sie dieses Problem hätten oder vor dieser Entscheidung stünden?

Impuls 6 – Die Antwort kennt nur der Wind

Wenn wir Fragen stellen, erwerben wir Wissen. Wenn wir Antworten geben, geben wir Wissen weiter. So könnte man es knapp formulieren. Fragen laden dein Gegenüber ein, sich zu zeigen, sich zu öffnen, dich an Wissen und Gedanken teilhaben zu lassen. Deswegen ist Zuhören so wertvoll und tiefes Zuhören kann ganz neue Impulse in ein Gespräch oder eine Beziehung bringen – ergänzt um die Eigenschaft, die richtigen Fragen zu stellen. Deswegen ist es eine tolle Schreibaufgabe, sich ein bisschen um seine Fragekompetenz zu kümmern.

Übung: Zwei Impulse habe ich für dich zum Thema „Fragen“, aber vielleicht fällt Dir noch mehr ein?

  • Welche Fragen waren als Kind deine Lieblingsfragen – kennst du noch Antworten? Schreib darüber.
  • Schreib alles auf, was du deine Mitmenschen gerne fragen würdest – und vielleicht traust du dich ja auch ab und zu, eine dieser Fragen zu stellen?

Impuls 7 – Dialog

Fragen – siehe oben – sind wichtig, denn sie laden uns zum Dialog ein, zur Zwiesprache, zum Zusammenführen von zwei Weltsichten in einem Austausch. Dialoge machen Geschriebenes greifbar und sind daher fast immer Teil lebendiger Geschichten. Im Dialog erfahren wir die Weltsicht anderer und wir lernen. Deswegen ist es eine gute Idee, ganz vielen verschiedenen Gesprächspartnern dieselbe Frage zu stellen.

Übung: Führe einen imaginären Dialog mit deinen Füßen, deinen Händen oder mit deinem Klassenlehrer, deiner besten Schulfreundin, mit der Frau, die gerade an deinem Fenster vorbeigeht oder mit dem Mann, der dort hinten im Auto sitzt, … Stell ihnen allen die gleiche Frage: Was ist Glück? Schreib über die Antworten.

Impuls 8 – Der Moment

Viele alte Weisheitstraditionen und viele neue Selbsthilfebücher, von Eckardt Tolle bis zum „Kurs in Wundern“ machen uns klar, dass es eigentlich nur eines gibt, was zählt: Der augenblickliche Moment, das Jetzt. Die Vergangenheit existiert nur noch in unserer Erinnerung, die Zukunft ist nicht da – was bleibt, ist das Jetzt.

Übung: Was ist jetzt gerade da? Schau auf – worauf guckst du zuerst, was fällt Dir als allererstes ins Auge – jetzt? Schreib darüber, erzähl erzähle die Gesichte, die dieses Ding oder dieser Mensch erlebt hat, bevor es/er in dein Leben trat und zum Objekt deiner Geschichte wurde.

Impuls 9 – Fantasiehäppchen

Manchmal ist es schön zu träumen, einfach durch einen Impuls eine Tür aufzustoßen in eine ganz andere Welt, in der die Normen und Regeln des Alltags nicht gelten. Eine Märchenwelt, in der alles möglich ist.

Übung: Hier sind paar Ideen für Fantasiegeschichten, die du schreiben kannst.

  • Du findest ein geheimes Tor, durch das du überallhin reisen kannst. Wohin reist du? Was erlebst du?
  • Du hast einen Liebestrank – was passiert, wenn du ihn einer bestimmten Person gibst?
  • Du wachst morgens auf und bist (d)eine Katze oder (d)ein Hund – was erlebst du?
  • Du bist in einem Zaubergarten – wie sieht er aus?
  • Du entdeckst auf einer Expedition ein fremdes Land oder eine Insel – was ist dort, was siehst du, was erlebst du? Zeichne eine Landkarte!

Impuls 10 – Think Big

Warum sollen wir eigentlich immer nur das tun, was wir gelernt haben, wozu uns Ausbildungen, Diplome, Bachelor, Master oder Zertifikate angeblich befähigen? Wie langweilig! Think Big! Du kannst viel mehr, als du glaubst und die Welt sollte das wissen. Deshalb solltest du jetzt beginnen, dich um die wirklich wichtigen Jobs dort Draußen zu bewerben – du wirst sehen, es gibt eine Menge gute Gründe, warum genau du diese Jobs machen solltst.

Übung:

Warum bist genau du die richtige für diesen Job? Schreib Bewerbungen für …

… den Posten als nächste/r Bundeskanzler:in

… den Posten als Chefarzt:in in eurem Uniklinikum

… den Job als Astronaut:in im Space Shuttle

… eine Anstellung als Traumschiff-Kapitän:in

Impuls 11 – Mach weiter

Du hast Ideen für weitere Schreibübungen? Schreib sie auf und schick sie mir, damit ich sie hier veröffentlichen kann. Danke! ????