Als Jugendliche habe ich Tagebuch geschrieben – die in bunte China-Seide eingebundenen Bücher stapelten sich neben dem Nachttisch. Vor einigen Jahren durfte ich meine Begeisterung für diese Art, das Leben schreibend zu verstehen, wiederentdecken. Es war ein kleines Büchlein, das mich 2015 im Urlaub auf Juist zum intuitiven Schreiben animiert hat. Dieser Einladung bin ich gefolgt und freue mich seitdem, dass kreative und biografische Schreibroutinen mein Leben und meine persönliche Entwicklung begleiten. Und seit einiger Zeit auch Euch bereichern dürfen, zum Beispiel im Schreiben – einfach so.

Eine regelmäßige Schreibpraxis kann zum Logbuch für einen guten Lebensweg werden, uns Klarheit und Sicherheit bieten. Schreiben ist ein Ventil. Über den Stift in der Hand und das weiße Blatt vor uns, das uns sehr aufmerksam zuhört, können wir alles loswerden, was uns seelisch belastet. Wir sehen vage Gefühle plötzlich blau auf weiß vor uns – sie erreichen uns schärfer, über einen zusätzlichen Sinn. Wenn wir Gefühle – Ärger, Wut, Freude, Scham – zu Papier bringen, schauen wir sie plötzlich aus der Entfernung an und können sie viel besser verstehen. Das Tagebuch hilft uns zur Selbsterkenntnis – Tat tvam asi.

Genügsame Praxis

Wie benötigen dafür nicht viel, nur einen Block, einen Stift und circa 15 Minuten Zeit am Tag. Studien haben gezeigt, dass 15 Minuten Schreiben am Tag positive Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit haben. Das wollen wir auch – oder? Wäre es nicht schön, wir könnten …

  • Entscheidungen besser treffen,
  • mehr Ausgeglichenheit erreichen,
  • neue Lösungen durch neue Perspektiven erkennen,
  • besser schlafen und
  • uns über wachsende Achtsamkeit und ein stärkeres Selbstbewusstsein freuen?

Durch den Methodenreichtum der Tagebuchpraxis können wir verschiedene Ebenen unseres Erlebens bearbeiten – wir erhalten neue Zugänge zu alten Themen. Wir können über eine schreibende Dankbarkeits-Praxis unser Erleben verändern (Das funktioniert!). Konflikte lassen sich aus einer anderen Perspektive betrachten. Auch Entscheidungen können wir er-schreiben und der inneren Kritikerin, oder anderen Mitgliedern des inneren Teams, auf die Schliche kommen. Tagebücher sind etwas Handgreifliches – abstrakte Gedanken und Gefühle, die uns den ganzen Tag begleiten, bekommen einen festen Rahmen.

Es ist wunderbar, in einer fordernden Situation zu wissen, dass man sich mit ihr abends nochmal in aller Ruhe auseinander setzen kann. Und wird. Dann können wir auch besser schlafen. Vieles, was wir aufgeschrieben haben, lässt uns in Ruhe, wenn wir den Deckel des Tagebuchs zuklappen.

Den letzten Schluck Tee trinken.

Die Kerze auspusten.

Die Zähne putzen und …

… dann selig in die Federn sinken. Gute Nacht.

Wir wollen nicht schreiben lernen!
Wir wollen lernen zu lieben, wie wir sind.