Wer unternehmerisch handelt, macht meistens auch Öffentlichkeitsarbeit. Doch was ist das eigentlich genau? Oft vermischt sich die Wahrnehmung dieser Kommunikationsdisziplin mit klassischer Werbung oder mit Marketingaufgaben. Auch im täglichen Doing der Unternehmen werden alle oben genannten Bereiche oft gemeinsam von der Marketingabteilung abgedeckt, gerade in Zeiten des Contentmarketings. Trotzdem ist es wichtig zu differenzieren, um jede Disziplin zu würdigen und Kommunikation erfolgreich gestalten zu können. Schauen wir es uns am Beispiel von Herbert Hupe an – Herbert ist Autohändler und macht Werbung, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, obwohl er sich dessen nicht bewusst ist.
- Über der Einfahrt des Autohandels von Herbert hängt eine große Leuchtreklame „Hupe! PS-stark in dritter Generation“ – das ist Werbung.
- Im Verkaufsraum findet sich ein Plakat, das eine Frühjahrs-Rabattaktion ankündigt. „Beim Kauf eines Winterreifen-Sets erhalten Sie die Felgen gratis.“ Das ist Marketing.
- Herbert trifft sich regelmäßig in einem Netzwerk von lokalen Händlern und berichtet dort offen über sein Tun: Warum er sich entschieden hat, die Werkstatt zu erweitern und wie die Kunden davon profitieren. Welche Grundsätze er gemeinsam mit seinen Mitarbeitern für Zusammenarbeit formuliert hat. Und so weiter. Das ist – Ihr ahnt es – Öffentlichkeitsarbeit.
Warum und Zielgruppe
Herbert Hupe macht es vor: In der Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist das Warum deutlich relevanter als das Was oder das Wie. Was treibt uns an, jeden Einzelnen und alle zusammen? Welche Geschichten stecken hinter dem Produkt oder dem Projekt? Das zum einen. Zum anderen (be-)trifft eine gelungene Öffentlichkeitsarbeit die Zielgruppe. Wir kommunizieren nicht „in Richtung“ Öffentlichkeit, wir kommunizieren mit ihr und sie hört uns zu, weil es sie interessiert, was wir zu sagen haben. Es geht um Relevanz.
Dazu muss ich wissen
- Wer sind meine Zielgruppen? (Und zwar so konkret wie möglich)
- Was interessiert die Menschen in diesen Zielgruppen?
Ergo: Ich muss in den Dialog mit diesen Zielgruppen treten. Gute Öffentlichkeitsarbeit ist also keine Einbahnstraße, sondern ein Austausch. Die modernen Medien helfen, aber einfacher wird es dadurch nicht. Hat man früher eine Pressemitteilung pro Monat an die Redaktionen versandt und sich gefreut, wenn sie abgedruckt wurde, ist Öffentlichkeitsarbeit heute ein schneller, aktueller und multimedialer Dialog mit verschiedenen Zielgruppen. Der muss geführt, moderiert und dokumentiert werden.
Öffentlichkeitsarbeit ist vor allem eines: authentisch. Es geht nicht darum, ein möglichst buntes, schönes und verkaufsförderndes (Wie gesagt: Öffentlichkeitsarbeit ist nicht Werbung.) Bild von Produkten oder Projekten zu zeichnen. Öffentlichkeitsarbeiter machen keine Kunst, sie vermitteln Inhalte. Das können sie nicht allein, am besten gelingt Öffentlichkeitskommunikation, wenn sich aus dem Kollegenkreis, von Produkt- oder Projektseite aus jeder und jede Einzelne einbringen will, darf und kann. Begeisternde Kommunikation entsteht aus der Begeisterung von Menschen, die wirklich etwas zu sagen haben. Auch dieser interne Dialog muss also geführt, moderiert und dokumentiert werden. (ÖffentlichkeitsarbeiterInnen brauchen wenig Schlaf ????)
Oft stellt man mir die Frage, ob sich gute Öffentlichkeitsarbeit besser intern oder besser extern, mit Agenturen oder Freelancern, abdecken lässt. Aus meiner Erfahrung gibt es Argumente für beide Arbeitsweisen.
Was haben wir davon, wenn wir Öffentlichkeitsarbeit intern abdecken?
Super – hier habt Ihr die Innensicht, die Einsicht, die Identifikation mit dem Projekt. Das geballte Fachwissen. Nach meiner Erfahrung können interne Öffentlichkeitsarbeiter durch ein tieferes Verständnis für Projekt und/oder Produkt nicht nur besser kommunizieren, sie haben auch die besseren, kreativeren Ideen. Einfach, weil sie näher dran sind. Sie können jederzeit und ungezwungen auf die Menschen zugehen, die ganz nah mit den wichtigen Themen verbunden sind. Die Gespräche in der Kaffeepause sind sowieso immer die wichtigsten, die bekommt ein Öffentlichkeitsarbeiter nur mit, wenn er Teammitglied ist. Tendenziell erschließt sich auch das Warum einem internen Player eher. Und: Gerade für den Zielgruppendialog ist es manchmal unabdingbar, dass jemand schnell, aktuell und mit Fachwissen in den Sozialen Medien reagieren kann, ohne Freigabeprozesse, ohne Abstimmungsschleife.
Und wenn wir Öffentlichkeitsarbeit extern abdecken?
Auch Super! Hier habt Ihr den kritischen Blick von außen, der wie Balsam gegen Tunnelblick-Tendenzen wirkt. „Haben-wir-immer-schon-so-gemacht“ funktioniert im internen Miteinander leider allzu perfekt, denn alle haben es immer schon mitgemacht. Wer von außen dazu kommt, fragt eher mal nach: Warum eigentlich? Dazu ein schönes Zitat einer Interviewpartnerin:
„Von einer Agentur erwarten wir zunächst, dass sie nicht so denkt wie wir. Wie wir denken, wissen wir selbst. Hier gilt wieder unser Kernthema – selbstständig und Hand in Hand. Wir benötigen die Außensicht, um zu wachsen und einen mutigen Partner, der uns sagt: Macht das doch mal anders.“ (Sagt Miriam Gundlach von der Bosch-Stiftung in diesem Artikel)
Die Zusammenarbeit mit Agenturen oder externen Dienstleistern sorgt dafür, dass die komplette Bandbreite der Öffentlichkeitsarbeit abgedeckt wird, nicht nur Rosinen gepickt werden. Neigt man im internen Team dazu, nach Vorlieben zu arbeiten und die unangenehmeren Tätigkeiten schleifen zu lassen, hat ein Externer ein klares Service-Level: Ist beauftragt, wird gemacht. Wenn nicht, gibt´s kein Geld. So einfach ist das. Was ein Externer mit dem Geldargument auch besser kann: Jemanden auf den heißen Stuhl setzen. „Das ist jetzt wichtig – rede mit mir. Wenn ich keine Infos bekomme, kann ich die Leistung nicht erbringen, für die Ihr mich bezahlt.“ Agenturen haben das Kostenargument auf ihrer Seite, deswegen beliefert man sie. Intern heißt es schnell mal: „Dann mach halt erst mal was anderes, Du hast ja wohl genug zu tun. Meine Infos kriegst Du nächste Woche.“
Co-Genialität
Ihr seht, es ist wie immer, beide Seiten haben Vorteile. Und die Moral von der G`schicht? Ist auch wie immer – jedenfalls bei mir: Gemeinsam wird es kongenial! Sobald wir externe Power und internen Ideenreichtum verbinden, entsteht ein großartiges Team. Freelancer und Teammitglied verbinden das beste beider Welten, um kreativ, zielgruppengerecht, fachlich versiert, schnell und vor allem originell zu kommunizieren. Das gelingt, indem eine Freelancerin sehr eng ins interne PR-Team eingebunden wird oder ein beratender und moderierender Partner von Außen mit einer Macherin im Innen co-agiert. Im Duett lassen sich die vielfältigen Aufgaben einer Öffentlichkeits-Kommunikation besser handeln: Wo einer nicht weiter kommt, greift die andere ein. Urlaube können elegant „gewuppt“ werden, Teilzeit lässt sich viel besser ausgleichen, insgesamt eine Win-Win-Situation für alle Seiten, finde ich.
Was für so ein PR-Duett mindestens genauso wichtig ist wie für die Zusammenarbeit mit Externen generell – eine genau definierte Verteilung der Aufgaben und der faire und gerechte Umgang auf Augenhöhe. Unabdingbar ist zudem der schmerzfreie Drang zur wachstumsfördernden Selbsterkenntnis! Anders gesagt: Eine Externe muss auch mal da bohren dürfen, wo´s wehtut. Wer das nicht verträgt, kann sich nicht nur den Zahnarzt, sondern auch das Beraterhonorar sparen. Denn – siehe Zitat oben – wie Ihr denkt, dass wisst Ihr ja selbst.
Öffentlichkeitsarbeit in Kurzform:
- Moderiert den Dialog mit der Öffentlichkeit, direkt und über die Medien.
- Ist im engen Kontakt mit Geschäftsführung, Marketing und Werbeagentur.
- Identifiziert Zielgruppen und ihre Interessen.
- Ist neugierig und im permanenten internen Dialog: Was ist neu, was ist wichtig, warum machen wir das so und nicht anders? (Öffentlichkeitsarbeiter sind mega-lästig!)
- Schafft, betreibt und belebt Kommunikationsräume für internen und externen Dialog.
- Greift Fragen der Öffentlichkeit proaktiv auf und setzt die Antworten in neue Kommunikationsimpulse um.
- Macht Klasse, nicht Masse: Ist mit den wichtigen Redaktionen im engen Kontakt.
- Kann Fachthemen sicher bedienen, um Ansprechpartner auf Augenhöhe für Fachredakteure zu sein und in den sozialen Medien nicht nur Emojis zu posten.