Am 22.1. ist Thich Nhat Hanh verstorben, der Millionen Menschen weltweit zu mehr Achtsamkeit inspiriert hat. Auch mich. In dankbarer Erinnerung habe ich mich mit einem Blogartikel beschäftigt, den ich 2018 über achtsames Schreiben erstellt hatte.

„Ob dies ein glücklicher Moment ist, hängt nicht vom Moment ab, sondern von unserer Sichtweise“

Thich Nhat Hanh

„Wenn ich schreibe dann schreibe ich, wenn ich zuhöre, dann höre ich zu, wenn ich den Abwasch mache, dann mache ich den Abwasch“, so denke ich manchmal in Anlehnung an die vielzitierte Geschichte über das Geheimnis der Zufriedenheit. Wenn Achtsamkeit mein Tun prägt, dann bekommen meine Arbeit selbst und auch ihre Ergebnisse eine neue Qualität.

Achtsamkeit verankert meine Aufmerksamkeit in der Gegenwart und lässt mich klar erkennen, was genau jetzt geschieht. Achtsam zu texten ist für mich eine werteorientierte Haltung gegenüber Kunden und ihren Inhalten und gegenüber Lesern und ihren Interessen. Es schließt aber auch eine gewisse Haltung mir selbst gegenüber ein und die Erkenntnis, dass meine Ergebnisse viel, viel besser werden, wenn ich tue, was ich liebe. Ich frage nach der wahren Natur meiner Arbeit – welche Auswirkungen hat meine Tätigkeit auf mich, auf meine Mandant:innen, auf mein Umfeld, auf die Welt? Daraus entsteht automatisch die Frage nach dem Sinn der Arbeit und nach den Geschichten, die wir uns als Gesellschaft über Arbeit erzählen, so entstand auch meine intensive Beschäftigung mit neuen Formen der Zusammenarbeit – mit „New Work“.

Ich habe 2018 lange gezögert, ob ich meine Herzensangelegenheit auch zu meiner beruflichen Angelegenheit machen soll – ein sicheres und einkommensstarkes Kundenfeld im Bereich Öffentlichkeitsarbeit aufgeben, um Menschen dabei zu begleiten, ihre Geschichten zu erzählen? „Nur noch“ Ghostwriterin, Biografin und Schreibcoach sein? Als PR- und Kommunikationsberaterin war ich lange mit dem großen „Gemischtwarenladen“ unterwegs, da ich in ganz vielen Bereichen Erfahrung gesammelt habe. Von Key-Account-Management über Hoteldirektion und IT-Kommunikation habe ich alles schon gemacht, von der Blume bis zum Bruttosozialprodukt finde ich alles interessant. Aber ich merkte immer intensiver, dass meine Arbeit erst dann gut wird, wenn das Herz und die gesamte Aufmerksamkeit dabei sind. Sonst blieb es halt „so lala“. Und zu oft war ich nicht zufrieden mit den Ergebnissen oder musste mich zu einem Auftrag, den ich übernommen hatte, fast zwingen.

Achtsam zu schreiben hat mit bewusst machen und bewusst werden zu tun: Was mache ich wirklich gerne? Und dann folgt die Einsicht, dass die Dinge, die ich gerne mache, auch gelingen werden.

Was bedeutet Achtsamkeit für eine Autorin und ihre Kund:innen?

Achtsam schreiben ist für mich eine werteorientierte Haltung gegenüber Kunden und ihren Inhalten. Das beginnt für mich mit dem gesamten Paket, wie wir miteinander umgehen: höflich, pünktlich, unvoreingenommen und interessiert an der Meinung des Anderen. Wirklich und tief zuhören, sich nicht sofort nach 10 Sekunden eine Meinung gebildet haben. Achtsamkeit bedeutet für mich und meine Kund:innen, dass ich Inhalte und Informationen hinterfrage und es bedeutet inzwischen auch, dass ich Anfragen ablehne, wenn ich spüre, dass es nicht passt. Ein Buch in drei Monaten schreiben? Natürlich, das geht. Aber eben nicht für mich – wenn ein Auftrag in Bauch, Herz und Kehle Enge erzeugt, hinterfrage ich ihn sehr bewusst.

Achtsamkeit ist gerade für das biografische Schreiben fast unumgänglich. Der Prozess einer Biografie führt tief in die Lebensgeschichte meiner Mandant:innen und wühlt Erinerungen auf, mit denen wir uns beschäftigen. Wer eine Biografie in Auftrag gibt, möchte sich selbst besser verstehen, ein Anliegen in Worte fassen oder der Familie etwas hinterlassen – diese Motivationen führen dazu, dass wir gemeinsam tief in sehr persönliche Themen einsteigen. Vertrauen und die Fähigkeit, ganz viel Raum zu geben und zu halten sind nötig: Achtsamkeit. Der Moment zählt, das Ergebnis wird folgen.

Und natürlich gehört zum achtsamen Schreiben für mich auch der Text selbst: Ist er lesbar, mache ich es meinen Lesern einfach? Oder beschmeiße ich sie mit Satzungetümen, Fremdwort-Wattebällchen und Flutschwörtern, um zu zeigen, dass ich „echt was drauf“ habe? Achtsame Texte:

  • greifen nicht an, polarisieren nicht und brauchen auch keine „voll krassen“ Aussagen, um zu wirken.
  • werden nicht genutzt, um etwas zu vertuschen oder jemanden zu manipulieren.
  • setzen auf Extralosigkeit. Was für mich in diesem Fall heißt, dass ich auf Füllwörter, Redundanzen und Schnörkel meistens verzichte. „Meistens“ deswegen, weil eben die eine Ausnahme die Regel bestätigt. Achtsame Texte mögen diese Ausnahme von der Regel, wenn sie gerade passend erscheint.

 

Möge Thich Nhat Hanh Frieden finden.

Möge der Samen seines Tuns sich weiter verbreiten.

Möge die Dankbarkeit der Menschen, die er inspiriert hat, ihn zu seiner Bestimmung tragen.