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Ich habe jetzt schon einige – insgesamt 12 Gespräche über starke Frauen geführt und möchte Euch heute eine erste Zusammenfassung bieten, ein Management Summary, wenn Ihr so wollt.

Was ist für Dich eine starke Frau, habe ich meine Gesprächspartner:innen gefragt und Antworten bekommen, die sich an manchen Stellen berührten und ergänzten, an vielen Stellen allerdings auch interessante Spannungsfelder aufzeigten.

Spannend war es für mich zum Beispiel zu sehen, wie sehr die „Quote“ polarisiert. Viele hielten sie für ganz großen Quatsch, andere sagen, dass die Quote ein sinnvolles Übergangsszenario ist, um die Welt, die Gesellschaft, die nachwachsenden Generationen mit einem natürlichen Selbstverständnis von Frauen in der Führung auszustatten, damit wir künftig auf andere Narrative zugreifen. Wir müssen uns klar machen, so sagte es Madeleine, dass noch vor zwei Generationen, bis 1977, Frauen ihre Ehegatten um Erlaubnis fragen mussten, wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachkommen wollten und die Generationen, die das noch erlebt haben, sind jetzt in den Vorständen der Unternehmen. Wir benötigen also neue Geschichten über Frauen und Karriere und dazu könnte die Quote einladen – allerdings nur, das wurde immer wieder betont, wenn unternehmerische Rahmenbedingungen Weiblichkeit als Stärke ermöglichen und sichtbar werden lassen.

Spannende Differenzen gab es auch in der Fragestellung, ob sich Stärke bei Männern und Frauen überhaupt anders definieren lässt. Viele meiner Gesprächspartner:innen haben sich zunächst darauf zurückgezogen, Stärke allgemein zu formulieren, im Blick auf den Menschen. Ich frage mich, ob ich diese kleine Ausflucht in den nächsten Gesprächen liebevoll unterbinden soll – denn ich glaube, dass wir über diesen Ausweg ein Stereotyp und/oder einen tatsächlichen genderspezifischen Unterschied umkreisen, ohne Unterschiede oder Gemeinsamkeiten, Sinn oder Unsinn, wirklich aufzudecken.

Denn zumindest mir ist in den bisherigen Gesprächen klar geworden, dass es sehr wohl einen Unterschied gibt, geben muss, weil wir auf andere Ressourcen, auf andere Wurzeln zurückgreifen, wie Markus es sehr gut erklärt. Es scheint allerdings sehr wichtig, uns als Gesellschaft bewusst zu machen, dass dieser Unterschied nicht in einer Dualität von Mann/Frau enden darf, sondern dass zwischen den Polen von Männlich und Weiblich eine endlose Weite von „Dazwischen“ jedes Wesen einlädt, seine ureigene Position zu beziehen – sein „Ich bin ich“ einzuladen, egal ob dieses Ich queer oder bi oder homo oder hetero ist. Wir als Gesellschaft tun gut daran, all diese Spielweisen und Spielwiesen von Sexualität und Geschlechtlichkeit einzuladen, denn in einer immer komplexer werdenden Welt benötigen wir soviel bunte Vielfalt wie wir nur kriegen können, um aus dem Wissen aller zu schöpfen und gute, tragfähige, wirksame Antworten auf globale Fragestellungen zu finden, wie auch Heike Specht betont. Antworten, die immer die Position des Anderen mit einbeziehen – auch das war ein wichtiges Anliegen vieler GepsrächspartnerInnen: Die Position des anderen zu erkennen und diese erstmal ohne Urteil und Wertung anzuerkennen.

Gleichsam war es aber auch eine wichtige Botschaft an alle Frauen, die eigene Position zu erkennen und zu beziehen. Standfestigkeit, Klarheit und Fokus, im Rückgriff auf die Ressourcen der Weiblichkeit, darum kreisten einige Gespräche. Wobei diese Ressourcen sich vielleicht unter dem Oberbegriff Verbundenheit subsummieren lassen – Verbundenheit mit den eigenen Wurzeln und dem oben schon erwähnten „Ich bin“, Verbundenheit aber auch und vor allem im Sinne eines Netzwerks von Frauen. Sucht Euch Verbündete, fordert Johanna alle Frauen auf.

Denn nur im Austausch mit anderen können wir unser Selbst erfahren und Stärke entwickeln. Entwicklung ist ein wichtiges Thema in vielen Gesprächen, zum Beispiel in dem mit Treya. Wir stellen fest, dass es bei der Persönlichkeitsentwicklung meist um die Persönlichkeitsentdeckung geht: Hinter meinen Rollen als Kollegin, Führungsfrau, als Mutter, Partnerin und Freundin – wer bin ich da eigentlich? Was hat mich geprägt, welche Muster und Erfahrungen bestimmen meine Reaktionen? Und wenn ich durch diese Entdeckung dann aus dem Reaktiven ins Aktive kommen könnte – dann würde eine natürliche Stärke entstehen, die in den Gesprächen oft als Authentizität oder besser noch als Wahrhaftigkeit beschrieben wurde.

Interessant, natürlich und logisch ist auch, dass Frau nicht alleine im Universum ist, auch die starke Frau nicht. Wie also sieht das Verhältnis der starken Frau zum Mann aus? In vielen Gesprächen lugte hervor, dass die jahrtausendealten patriarchalen Strukturen mächtiger sind, als vielleicht sogar viele Emanzipationsbewegte ahnen – dass zum Beispiel die logische Schlussfolgerung aus Mangel immer der Kampf ist, und damit die Spirale aus Wettbewerb und Konkurrenz, wie sie soziale Marktwirtschaft und moderne Unternehmensstrukturen prägen. Für mich überraschend war, dass dieses dem Patriarchat immanente Mangelerleben kein Produkt des Industriezeitalters ist, sondern schon in Urzeiten entstand, als es wirklich ums Überleben ging. Wir spielen also immer noch Steinzeit, ist das nicht unglaublich? Und über all die Jahrtausende haben wir – abseits der interessanten Matriarchate, mit denen ich mich bestimmt noch auseinander setzen werde, und die zum Beispiel Regina anspricht – dieses Spiel weiter gespielt und Frauen, deren natürlicher Bezug die Fülle ist, als Gefahr angesehen. Und Frauen haben mitgespielt, wir sind ja keine Opfer – das haben meine Gesprächspartnerinnen betont: Mädels, hört auf euch als Opfer irgendwelcher Strukturen, irgendwelcher Beziehungen, irgendwelcher … dort Draußen zu sehen – schaut auf Euch, nur auf Euch, kommt bei Euch an und dann beginnt zu handeln – im Rückgriff auf Eure Intuition und auf die Verbindung(en), die ihr spürt, wenn ihr still werdet.

In fast allen Gesprächen ging es meinen Gesprächspartner:innen darum, dass eine starke Frau den Mann nicht ersetzen soll, kann, darf. Ein neues, heilsames Gleichgewicht der Geschlechter – besser noch der weiblichen und männlichen Kräfte – wurde fast durchgängig gewünscht und damit einhergehend der Mut der Männer, sich auch auf ihre weiblichen Anteile zu besinnen sowie die Entschlossenheit der Frauen, Stärke im Sinne von Sichtbarkeit, Präsenz und Selbst-Bewusstsein zu zeigen. (Wobei, so sagte es Marion, die Sichtbarkeit nicht unbedingt die der Key-note-Speakerinnen und Influencerinnen sein muss, sondern vielleicht erst einmal die Bewusstheit voraussetzt, das eigene Wirken in den Dienst von etwas größerem zu stellen.)

Wenn wir über Weiblichkeit sprachen, dann landeten wir oft bei einer natürlichen Spiritualität, einer Verbundenheit mit allem, mit der Natur und mit ihren Zyklen und bei einem Verständnis, dass die Rückbesinnung auf diese weiblichen Wurzeln und eine unglaubliche Stärke bringen kann – eine Stärke, die auch Krankheit, Schmerz überwinden kann, wie es Birgit in unserem Gespräch eindringlich darstellt. Und wenn ich an dieses Gespräch mit Birgit denke, dann komme ich auf eine weiter wichtige Eigenschaft, die stark macht: Akzeptanz im Sinne eines Loslassens oder Sein-lassens. Ich bleibe hier und lasse den Widerstand los. Ich ergebe mich dem, was gerade geschieht, weil ich vertraue, dass es einen Sinn hat. Es ist gut so, wie es ist.

Und das muss auch ich mir jetzt gerade sagen, weil ich immer noch mehr erzählen möchte, um Euch meine Begeisterung über die Vielfalt der Antworten und Erkenntnisse zu teilen. Letzlich bleibt mir daher jetzt nur eine Empfehlung – schaut es Euch selbst an und wenn ihr dann meint, dass ihr auch mit mir über Starke Frauen sprechen möchtet, dann meldet Euch bitte. Ich plane noch viele weitere Gespräche, bevor ich nächstes Jahr mit meinem Buch beginnen werde.

Vielen Dank und viel Freude beim Weg zu Eurer Stärke.

Hier ist der direkte Draht zu allen bisherigen Beiträgen:

Starke Frauen…

…fühlen! (Johanna Tiefenbeck)

…sind wach (Heike Albert)

…bringen ihr Sein in die Welt (Treya Koch)

…sind verbunden (Marion Riehemann)

…ziehen Kraft aus Widerständen (Birgit Duckheim)

…machen die Zukunft bunt (Dr. Heike Specht)

…durchbrechen Muster (Madeleine Genzsch)

…setzen sich Ziele (Thomas Unger)

…führen zyklisch (Maria Schleicher)

…brauchen ein Schwert (Markus Wortmann)

…leben Fülle statt Mangel (Regina Hunschock)

Und hier findet Ihr meine Einführung zum Projekt (5 Minuten): Warum stelle ich diese Frage, was ist an der Frage nach Weiblichkeit und Stärke eigentlich so wichtig, dass so viele Menschen sich mit mir darüber unterhalten wollen?